Die Erfindung – Teil 4

Zwei Wochen später war der Prototyp fertig. Ich hatte einen freien Cloud Service zur Mustererkennung bewegter Bilder, wie er auch zur Steuerung autonomer Autos genutzt wird, so angepasst, dass damit auch die schnellen Aktionen des Tischtennis aufgelöst werden konnten. Ich trainierte das neuronale Netz mit den vielen Videos auf YouTube und mit den Lehrvideos von Timo Boll Webcoach, zu dem ich seit kurzem ein Premium Zugang hatte. Hier gab es das beste Videomaterial zum erlernen von Flip, Block, Schupf, Topspin, Konter, Banane, Abwehr- und Aufschlag.

Bei der zweiten Komponente der Erfindung konnte ich aus dem Vollen schöpfen: In den letzten vier Jahren hatte ich in meiner Freizeit und in vielen durchwachten Nächten an dem Open Source Projekt „Ping Pong“ mitgearbeitet. Wir hatten, basierend auf der Unreal Engine von Epic Games einen Tischtennis Simulator geschrieben, den ich leicht auf meine Bedürfnisse anpassen konnte.

Über vier Kameras, die ich um unsere Tischtennisplatte im Keller verteilt hatte, gelangte die Spielsituation in meinem Gaming PC, der daraus ein komplettes dreidimensionales Modell der Spielsituation berechnen konnte. Die Rechenleistung reichte aus, um dies bis zu 500 Mal in der Sekunde zu erledigen. Schon verrückt, wie leistungsfähig die aktuellen Grafickarten geworden sind, im Jahr 2000 hätte mein Spiele PC mit dieser Rechnenleistung locker die Spitzenposition der leistungsstärksten Computer der Welt erobert.

Der Computer konnte gleichzeitig die Spielsituation analysieren und daraus einen künstlich generierten Spieler, der Timo Boll sehr ähnlich sah, generieren. Dieser virtuelle Spieler wurde in meine AR-Brille projeziert, mit der ich gleichzeitig das Spielgeschehen und die Spieleranimation vor mir sehen konnte. (Das funktioniert so ähnlich wie ein Head-Up Display im Düsenjet.)

So ausgestattet mit der Brille vor dem Gesicht – siehe Bild oben – hatte ich ein sich perfekt bewegenden und schlagenden Spieler in meinem Blick, den ich nur noch nachmachen brauchte.

Das hört sich vielleicht leicht an, aber beim Training an unserer Ballmaschine im Keller wurde mir schnell klar, dass ich noch sehr viel Training vor mir hatte. Aber das kante ich schon von den Computerspielen, bei denen ich mühsam Stück für Stück besser geworden bin, manchmal über Jahre hinweg. Auch da hatte ich mich nicht demoralisieren lassen.

Ich wußte, ich hatte ein Ziel, nichts würde mich aufhalten, so gut wie Kathi zu werden.

5. Teil